Antwort auf den Brief von JUDr. Topinka
JUDr. Petr Topinka, Rechtsanwalt
i.V. Ing. Jiří Paroubek
Prag, den 21. Juni 2006
Sehr geehrter Herr Topinka,
Antwort auf Ihre Mail vom 16. Juni 2006:
Im Namen Ihres Mandanten, des bisherigen Regierungsvorsitzenden der Tschechischen Republik Herrn Jiří Paroubek, verlangen Sie von mir eine Entschuldigung dafür, dass ich mich auf meinem Internetportal „Ereignisse“ über ihn wie folgt geäußert habe: „Paroubek ist ein Parteiapparatschik mit Erfahrungen aus der Zeit vor dem November 1989.“ Als Grund führen Sie unter anderem auf, „Apparatschik“ sei „die Bezeichnung für einen höhergestellten privilegierten Angehörigen des Regimes in einer Zeit, in der in unserem Land ein totalitäres Regime unter der Führung der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei herrschte.“
Dieser Auslegung des Begriffs „Apparatschik“ kann ich leider nicht zustimmen. Ein Apparatschik ist ein Parteifunktionär, bzw. ein anderer Angehöriger des Parteiapparats. Ein solcher ist Herr Paroubek zweifelsohne gewesen und im Rahmen der sozialdemokratischen Partei ČSSD ist er es noch immer. Über Erfahrungen aus der Zeit vor dem November 1989 verfügt er ebenfalls, und zwar politische als Jungfunktionär der ČSS, einer Potemkinschen Pseudopartei, deren Aufgabe zur Zeit des kommunistischen Regimes allein darin bestand, in der totalitären ČSSR den Anschein politischer Pluralität zu vermitteln, sowie als wichtiger Funktionär eines nicht unbedeutenden Staatsbetriebs. Aus dem bisher Angeführten wird deutlich, dass ich Herrn Paroubek keineswegs unwahr als einen „höhergestellten privilegierten Angehörigen des Regimes in einer Zeit, in der in unserem Land ein totalitäres Regime herrschte“ bezeichnet, sondern ausschließlich allgemein bekannte Tatsachen zum Ausdruck gebracht habe. Wenn ich das hätte sagen wollen, was Sie mir unterstellen, müsste ich „kommunistischer Apparatschik vor dem November 1989“ schreiben, was jedoch nicht der Fall war. Daher sehe ich keinen Grund, warum ich mich bei Ihrem Mandanten in dieser Sache entschuldigen sollte.
Des Weiteren fordern Sie eine Entschuldigung dafür, dass ich auf meinem Internetportal „Ereignisse“ über Ihren Mandanten folgendes geschrieben habe: „Paroubek wird seine unsittlichen Pläne zur Pazifizierung von Medien zumindest auf Eis legen müssen“. Hinter dieser Äußerung stehe ich. Herr Paroubek spricht bereits seit längerer Zeit von der Notwendigkeit eines neuen Pressegesetzes, das die „Freiheit des Wortes für alle, nicht nur für Publizisten“ bringen und „dieses Land aus dem Balkanverständnis herausführen werde, wo jeder das tun kann, was immer er will“. Allein diese Formulierungen für sich genommen sprechen Bände. Wenn ich sie nämlich aus Sicht der häufigen Kritik der Medien beurteile, wie sie aus dem Mund des Herrn Premierministers immer wieder erklungen war („Hetze“, „Hetzkampagne“, in Zusammenhang mit einer Fernsehsendung mit politischem Inhalt, die rein zufällig später abgesetzt wurde und gegen die zuvor, ebenfalls zufällig, der Chef des Regierungsamtes Přikryl direkt beim Tschechischen Fernsehen protestiert und sie gar als „politische Pornografie“ bezeichnet hatte) und diese in Zusammenhang bringe mit der Kritik an die Adresse einzelner Publizisten (z.B. „ehemaliger Bolschewik, Mitglied des sozialistischen Jugendverbandes und Drehbuchautor der Normalisierung, nun ein Stallbursche der ODS“), ergibt sich für mich durchaus ein Grund für die von mir gezogenen Schlüsse, die Ihr Mandant in Zweifel zieht und angreift. Meine Ansichten werden nun leider auch von der Forderung gestützt, die Ihr Mandant mittels Ihrer Person an mich heranträgt. Einer der höchsten Verfassungsrepräsentanten dieses Landes besitzt gegenüber einem unabhängigen Publizisten vielerlei Vorteile, in machtpolitischer, materieller Hinsicht sowie im Hinblick auf den Zugang zu Medien. Es ist äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich seine Forderung einer Entschuldigung, die von der Drohung einer bisher nicht näher spezifizierten „Lösung auf dem Rechtsweg“ begleitet wird, anders zu deuten, als einen Versuch der Einschüchterung, und das umso mehr, als, soweit mir bekannt ist, ich bei weitem nicht der einzige bin, den Herr Paroubek auf diese Art und Weise anspricht. Mich solchen Versuchen entgegenzustellen halte ich aus Prinzip für unerlässlich. Es könnte nämlich sonst sehr bald und rasch der Fall eintreten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung, wie von der Charta der Grundrechte und Freiheiten garantiert, bei uns erneut nur auf dem Papier Bestand haben wird.
Bei Ihrem Mandanten gedenke ich mich also auch für diese Äußerung nicht zu entschuldigen.
Mit Gruß
Bohumil Doležal, Ph.D.