Bitte weniger Pompös
Mit dem Staatsfeiertag am 28. Oktober wird in Tschechien die tschechische Demokratie gewürdigt. Der vor 87 Jahren gegründete tschechoslowakische Staat berief sich auf liberale und demokratische Traditionen. Das entsprach der Überzeugung des Staatsgründers Masaryk, dem entsprach auch die mehr als fünfzig-jährige Verfassungstradition der vorangegangenen Monarchie. Wenngleich dieses demokratische Erbe der Republik vor dem Zweiten Weltkrieg nicht ohne Fehl und Tadel ist, hat es seine Kontinuitäten bis in die heutigen Tage.
Ein Beispiel: Wenngleich alle politischen Akteure von Václav Havel, über Václav Klaus, bis hin zu Jiří Paroubek die Demokratie hie und da gern etwas gestutzt hätten, ist es keinem bislang gelungen.
Aber sie hat auch Unzulänglichkeiten, die tschechische Demokratie. Das wird an ganz einfachen Dingen deutlich. Beispielsweise beim Ablauf des alljährlichen, pompösen Aktes auf der Prager Burg, bei dem verdiente Bürger gewürdigt werden. Da marschiert eine militärische Einheit, die Burgwache auf, in grotesken Uniformen, die einst Präsident Havel entwerfen ließ. Für Havel, den Theatermenschen, spielte dabei eine gehörige Portion Ironie oder auch Selbstironie eine Rolle.
Doch heute wird dies todernst genommen. Vor dem tschechischen Staatsoberhaupt schreiten die aufgeputzten Soldaten einher, mit gezückten Säbeln, versteht sich. Dabei erklingen die Fanfaren einer romantischen Oper, deren Handlung einem literarischen Betrug entliehen wurde. Vielen Tschechen zucken die Mundwinkel, wenn sie die Uniformen der slowakischen Präsidentenwache sehen. Aber die tschechische Burgwache ist nur eine andere Version der gleichen Abart.
Auch der Sitz des Präsidenten ist doch einfach überdimensioniert. Stellen wir uns einmal vor, das Staatsoberhaupt würde in der nur wenige Meter von der Burg entfernten Kramář-Villa residieren. Die wird momentan zwar vom Premier genutzt, aber aus Kostengründen könnte er sie ja für den Präsidenten frei machen. Und bewacht würde die Villa wie heute auch von ganz gewöhnlichen Polizisten. Und der Präsident würde ohne Fanfaren einherschreiten: wie ein normaler Sterblicher eben, der er ja auch ist.
Prager Zeitung 30.10. 2005