Tschechische Bürger fordern klaren Standpunkt von Spitzenpolitikern zu Zemans Attacke auf Medien
Am 11. März 2013 haben sich 93 Bürger der Tschechischen Republik, darunter die Publizisten Bohumil Doležal und Leo Pavlát, die Schriftsteller Zbyněk Hejda, Ivan Klíma und Jáchym Topol sowie der Autor und Historiker Petr Placák, mit einem Schreiben an die höchsten politischen Repräsentanten des Landes gewandt: An den Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der stärksten Regierungspartei ODS, Petr Nečas, den I. Vizepremier und Vorsitzenden der mitregierenden Partei TOP 09, Karel Schwarzenberg, die Vorsitzende der Abgeordnetenkammer des tschechischen Parlaments, Miroslava Němcová, an Senatspräsident Milan Štěch, den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei (ČSSD) Bohuslav Sobotka, den I. Vizechef der ČSSD und Vorsitzenden des Verbandes der Regionen Michal Hašek sowie an die stellvertretende Regierungschefin und Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei (LIDEM), Karolina Peake. Die 93 Bürger forderten die Spitzenpolitiker auf, einen klaren und eindeutigen Standpunkt zur Aussage des tschechischen Staatspräsidenten Miloš Zeman bezüglich eines "wesentlichen Teils der Medien" zu beziehen, die er im Rahmen seiner Antrittsrede gemacht hat. Der Text des Schreibens lautet:
Sehr geehrte Frau…/sehr geehrter Herr…,
am 8. März hat der neue Präsident der Tschechischen Republik Miloš Zeman auch in Ihrer Anwesenheit im Vladislav-Saal der Prager Burg seine Amtseinführungsrede vorgetragen, in der er sich u. a. den Medien widmete.
Zeman bezeichnete einen „wesentlichen Teil der tschechischen Medien“ als eine von drei Inseln negativer Deviationen (als die beiden anderen nannte er die Paten-Mafia und neonazistische Unruhestifter) und erklärte, dass er gewillt sei, diese drei Phänomene zu bekämpfen. Und dann forderte er die anwesenden Persönlichkeiten zur Zusammenarbeit bei diesem Kampf auf. Die Versammlung belohnte Zeman mit spontanem Beifall.
Den Standpunkt des Präsidenten betrachten wir als präzedenzlos, was für die gesamte Entwicklung nach der politischen Wende gilt. Zeman macht gegenüber einem "wesentlichen Teil der Medien" das Prinzip der Kollektivschuld geltend und erinnert mit seiner pauschalen Verurteilung an verschiedene Erklärungen von Politikern vor dem November 1989. Zugleich handelt es sich um eine indirekte, aber offensichtliche Attacke auf die Meinungsfreiheit in der Tschechischen Republik. Die Freiheit und Pluralität der Medien sind dabei ein untrennbarer Teil der Freiheit und Pluralität der Gesellschaft. Wenn die Repräsentanten des öffentlichen Lebens das, was der Staatspräsident zum Programm erklärt hat, ignorieren oder sogar öffentlich unterstützen, werden sie ihrer Verpflichtung gegenüber den Bürgern der Tschechischen Republik untreu.
Deshalb fordern wir Sie auf, einen klaren und eindeutigen Standpunkt zu den programmatischen Vorhaben von Präsident Zeman zu beziehen. Wir können nicht verschweigen, dass wir diesen bislang von Ihnen vermissen.