Wie gewonnen, so zerronnen…
Die folgenden Zeilen sind eine Art Nekrolog für die Peterbaude (Petrská bouda) im Riesengebirge, die am 1. August abgebrannt ist.
Die Feuerwehrleute kamen zum Schluss, dass der Brand von jemandem vorsätzlich gelegt worden ist. In den Zeitungen wird darüber spekuliert.
Die Peterbaude ist vorerst nur die letzte in einer Reihe. Soweit ich mich erinnern kann, begann das Ganze mit der Výrovka (die in der Übersetzung eigentlich Uhu-Nest heißt, aber im Volksmund Geiergucke-Baude genannt wurde - als Kind habe ich im Sommer 1948 nur noch ihre Grundmauern gesehen, was leicht morbid war). Die Elbbaude (Labská bouda) brannte in den sechziger Jahren gleichfalls ab, wurde aber durch ein Gebäude ersetzt, dessen Beseitigung heute nicht gelingen will. Um die Böhmische Baude (Česká bouda) auf der Schneekoppe hat sich der Zahn der Zeit gekümmert. Im Fall der Wiesenbaude (Luční bouda) sind die Liquidierungsversuche bislang misslungen. Wir sollten uns aber nicht darüber freuen. Möglicherweise wäre es verfrüht.
Anscheinend wurden für die "Entsorgung" dieser Gebäude zweierlei Wege gewählt: entweder die simple Zerstörung (was am einfachsten ist, aber nur eine negative Lösung darstellt) oder eine raffiniertere Vernichtung und die nachfolgende Errichtung von etwas ausgesprochen Hässlichem aus Beton (wie im Fall der bereits erwähnten Elbbaude - diesen Weg wählte der Bolschewik, doch fehlten ihm glücklicherweise die finanziellen Mittel).
Offenbar ähnelt die Entwicklung hier ein bisschen dem angeblichen Trend im Böhmerwald, der von Umweltaktivisten und Wissenschaftlern im Fachbereich des ökologischen Aktivismus unterstützt wird. Einer der Wissenschaftler fasste diesen gegenüber der Prager Tageszeitung "Mladá fronta DNES" in der prägnanten Kurzform zusammen: "An diesem Standort entsteht ein Wald, der in seiner Zusammensetzung den Forsten ähnlich ist, die für den Böhmerwald vor tausend Jahren typisch waren." Vielleicht sollte dieser Prozess beschleunigt werden: Warum nur vor tausend und nicht gleich vor zehntausend Jahren? Etwas Ähnliches, zumindest insofern es sich um offensichtlich überflüssige menschliche Behausungen handelt, hauptsächlich um solche, die der kollektiven Unterkunft dienen, findet im Riesengebirge statt: Offenkundig soll der Zustand vor tausend Jahren wieder hergestellt werden. Selbstverständlich wenn nicht der bolschewistische Weg eingeschlagen und die Landschaft nicht mit Betonmonstern verseucht wird (heute eher mit Konstruktionen aus Glas und Stahl, was fast das Gleiche ist).
Aufgrund eines seltsamen Zusammentreffens von Umständen hat niemand bemerkt, dass der Weg um plus minus tausend Jahre zurück gegen den Strom der Zeit im Jahr 1945 begonnen hat. Die ursprünglichen Eigentümer, die sich bis zu diesem Zeitpunkt um diese Objekte gekümmert hatten, wurden um das Vermögen beraubt und vertrieben. Die neuen Besitzer (oder nur "Nationalverwalter"?) schafften es in der kurzen Zeit ihrer Tätigkeit nicht, das, wozu sie so leicht gekommen waren, gebührend zu verwüsten. Dann wurden sie wiederum zur Abwechslung von ihren Brüdern beraubt, die genau wie diese Tschechen slawischer Herkunft waren. Ich war im Sommer des Jahres 1948 als kleines Kind mit meinen Eltern im Riesengebirge. Die gleichsam neugebackene und gerade beraubte Inhaberin lief durch das noch ansehnliche kleine Hotel und heulte hysterisch. Ich verstand nicht, was ihr zugestoßen war.
Vielleich würde es genügen - ob es nun um die Forste im Böhmerwald oder die Bauden im Riesengebirge geht -, keine allzu großen Ambitionen zu haben und diese Wälder und Gebäude zumindest wieder in den Zustand zurückzuversetzen, in dem sie vor hundert oder nach ein paar weniger Jahren waren. Wir haben nichts zu befürchten: Diejenigen, denen unsere Vorfahren diese Dinge einst weggenommen haben, sind längst tot und die EU hat die Handlungsweise unserer Ahnen abgesegnet. Präsident Klaus und sein Gesinde auf und unterhalb der Prager Burg schüchtern uns grundlos ein. Es geht lediglich darum, dass wir uns um das, was uns in diesem Fall von Vorfahren, die nicht so ganz die unseren waren, unfreiwillig hinterlassen wurde, ordentlich, sorgsam und mit Pietät zu kümmern beginnen. Der Zustand des Böhmerwalds und auch des Riesengebirges belegt, dass das nicht so einfach ist. Ich befürchte nämlich, dass das ohne eine Prise des Bedauerns nicht möglich sein wird, und diese fehlt vorerst vollkommen.
Online-Ausgabe der Tageszeitung "Lidové noviny", lidovky.cz, 2. August 2011
Übersetzung Sylvia Janovská